Unser Patrouillen-Raumschiff «Pride of Proxima» landete am 1. April 2073 Lokalzeit im Gebirge der Confoederatio Helvetica, kurz CH (ein krächzender Laut). Der Auftrag lautete, den sehr beunruhigenden Signalen nachzugehen, welche die Gemeinschaft intelligenter Spezies in den letzten ein-, zwei Hundert Erdjahren empfangen hatte. Zuerst der Atomknall, dann Flüge ins nahe Weltall, zunehmende Klagen von Gaia über die Zerstörung der Biosphäre, eine durch Kohlendioxid erzeugte Erwärmung, ein Wuchern elektronischer Kommunikation und Anzeichen künstlicher Intelligenz bei gemäss Inhaltsanalyse abnehmender Kultur und Moral der sog. Menschen. Wir führten eine Asteroidenschleuder mit, falls aufgrund unseres Berichts gleich der schwere Befehl zum radikalen Neustart der Erdoberfläche durch den galaktischen Rat erfolgen würde. Das überraschende Fazit vorneweg, bitte beachten: wir wurden positiv überrascht und raten zur zweiten Chance. Aber lesen Sie selbst, was wir dort Überraschendes fanden (und es scheint sich auszubreiten, siehe Antrag auf längere Verweildauer zu Studienzwecken dieses beachtenswerten Phänomens).
Es begann schlecht. Unsere Landefähre brach sich ein Bein, als wir zur Hälfte in den losen Grund eines Murgangs versanken und die Schleuse nicht öffnen konnten. Zudem mussten wir feststellen, dass dieses Bergtal nicht so unbewohnt war, wie wir geglaubt hatten. Zuerst kamen nur Vögel (Vermutung: Bio-Drohnen) und Caniden. Bald sammelten sich jedoch Dutzende menschelnder (Adjektiv?) Individuen vor unseren Sensoren und berieten sich. Schliesslich rückten einige mit Pickhacken an. Um es kurz zu machen: das war kein Versuch, unsere Hüllen zu knacken und uns auszusaugen, sondern diese Menschen legten unser UFO (in ihrer Sprache) frei und warteten. Schliesslich wagten wir es, uns zu zeigen, in vorschriftsmässigen Schutzanzügen mit annähernd humanoider Form, welche unser zweites Armpaar und die Sensorhaare verbarg. Wir hoben einen Arm zum interstellaren Gruss und winkten. Die Menschen machten Geräusche, die wir als Lachen identifizierten.
Die Einladung zum Raclette (einem tierisch stinkenden Produkt) schlugen wir aus, aber eine Führung durch ihre Siedlung namens Schlungg (unsichere Übersetzung) nahmen wir gerne an. Der Verfasser schreibt diesen Bericht an einem alten Tisch in einer sogenannten Beiz. Unsere Helme hatten wir abnehmen können. Die Leute verzogen etwas das Gesicht und gaben uns lustige Masken. Ein kleiner Luftfilter genügte uns zum Atmen und erlaubte die heikle Zufuhr der hiesigen Trinkdrogen, die wir schnell in unseren Anzügen metabolisieren mussten. Wir wollten ja keinen Affront riskieren. Aber zurück zu den relevanteren Findings. Als ich fragte (anfangs ein Hin und Her unterschiedlicher Geräte), wieso sie so zutraulich seien, fragten sie kinnreibend: «Stammen wir nicht alle von Reisenden ab?» Vor dem dramatischen Klimawandel seien Bergmenschen eher misstrauisch gewesen, erklärte eine silberhaarige Frau, aber durch die nötige Zusammenarbeit auch mit Aussertalischen seien die alten Traditionen wie Gastfreundschaft wie von alleine wieder aufgelebt.
Social Coin als wertschätzende Währung

Ob sie denn nichts Besseres zu tun hätten, wie diese Arbeit gegen Geld, die es hier gemäss ihren Infos gebe, fragte unsere Lernende etwas brüsk. Die S-ch-weizerin schmunzelte (eine Mimik, die wir seither üben, aber es sieht mit Chitin-Mundzangen einfach nicht genau so gut aus). Über ihre Antwort waren wir erstaunt, sie zeugt von einem next level an galaktischer Reife, der hier heranwächst: Seit einigen Jahren habe sich eine neue Sitte ausgebreitet, welche jegliche Art von Arbeit, die nicht im profitorientierten Markt geleistet wird, ob im Haus, in der Pflege oder als Hilfe für andere, mit Social Coins entgelte. Diese soziale Währung kann untereinander oder gegen das Markt-Geld CH-Franken in der profitorientierten Wirtschaft getauscht werden. Wobei sich parallel der neue übergeordnete Wert-Massstab Gemeinwohl-Nutzen langsam aber sicher durchsetze.
Mit einiger kognitiver Dissonanz zu den aus der Ferne gesammelten Daten nickten wir. Da brach es erneut aus dieser (auto-deleted) Lernenden heraus (Feedback gegeben). Wie viele Social Coins wir denn wert seien und wer diese finanziere? Wieder dieses Lächeln bei unseren Gastgebern. «Wenn sich noch kein Verhältnis eingespielt hat, wie in diesem doch etwas speziellen Fall, gibt es einen Soc pro Arbeitsstunde. Und, naja… ich bin sicher, wir finden etwas Gutes, womit ihr eure sozialen Schulden begleichen könnt. Bis dahin habt ihr einen Vertrauensvorschuss.» Nach kurzer Stille wollten wir uns zur Beratung zurückziehen, wurden aber sanft zurückgehalten. Die Silberhaarige schien eine Sprecherin mit Erfahrung mit Externen zu sein. «Könnt ihr mit eurem UFO Wolken manipulieren oder Steine schmelzen?» Jetzt war es an uns zu lachen (also klicken). «Schwierig, aber wir könnten es versuchen». Gut, dass die Bergmenschen unser Grinsen nicht lesen können.
Gezeichnet mit Geruchstempel, Yps